Ab wann beginnt eigentlich das „Mercedes-Gefühl“? Zu welcher Baureihe muss man greifen, wenn man dieses Gefühl von sicherer, qualitativ hochwertiger Abdeckung aller Automobileransprüche erfahren will? Muss es E-Klasse sein oder tut es vielleicht auch eine C-Klasse? Eine meiner Dienstreise hat mir kürzlich ein C-Klasse T-Modell beschert. Für knapp 1000km sollte der Mittelklasse Kombi 4 Leute inkl. Gepäck transportieren, dieser Aufgabe ist er an 3 Tagen auch gerecht geworden.
Der Mietwagen hatte eine Avantgarde Ausstattung, die wohl am häufigsten gewählte, „höhere Linie“, ohne Stern auf der Haube. Dies ist übrigens ein echtes Manko! Für ca. 46.000 Euro bekommt man von Mercedes das C220 CDI T-Modell inkl. Navi und Bluetoothfreisprechanlage, der ehemalige Grundpreis von 37.812,25 Euro liegt damit schon in weiter Ferne! Dabei ist die Ausstattung keineswegs komplett, es fehlt z.B. ein Tempomat, ein Unding für den auf Langstrecken ausgelegten Diesel!
Zunächst zu den positiven Seiten des Wagens, der Kofferraum könnte zwar größer sein, reicht aber auch für größere Mengen Gepäck, da gibt es eigentlich nichts zu meckern. Die Optik der aktuellen C-Klasse macht von außen einen hochwertigen Eindruck, der beim Kombi noch besser zur Geltung kommt als bei der Limousine.
Der 170 PS Diesel sorgt für guten Vortrieb in allen Lebenslagen, das 6 Gang Schaltgetriebe ist gut auf den Motor abgestimmt, dem Fahrzeug würde aber eine Automatik besser stehen. Der Verbrauch laut Herstellerangaben soll bei 6,1 l / 100km liegen, der von mir erfahrene Wert liegt mit 7,9 l/100km allerdings etwas darüber. Dennoch geht der Verbrauch absolut in Ordnung, immerhin waren 4 Personen plus Gepäck an Board und die 1000km wurden mit zügigem Tempo abgespult!
Nicht ganz so zufrieden kann man allerdings mit der Geräuschskulisse des 4 Zylinders sein, in fast jedem Geschwindigkeitsbereich ist er deutlich zu vernehmen und prägt den Fahreindruck, lediglich bei Geschwindigkeiten jenseits der 200 km/h wird das Motorgeräusch vom Fahrtwind abgelöst. Für die Passagiere auf den Rücksitzen beginnt dieser Prozess schon erheblich früher, bereits ab 150 km/h entstehen an der C-Säule starke Windgeräusche. Die Passagiere im hinteren Abteil können sich dagegen nicht über Platzmangel beklagen, auch wenn große Personen vorne Sitzen, bleibt genug Kniefreiheit!
Vorne- wie hinten ist allerdings das Lamento über die Sitze groß, kaum Seitenhalt und zu straffe Polster führen zu schlechter Stimmung und das in Anbetracht der Tatsache, dass die Federung sich nicht wirklich Mercedes-Like verhält. Offenbar haben die Fahrwerkstechniker versucht BMW Dynamik herbei zu konstruieren, die Härte haben sie schon mal geschafft, die Dynamik allerdings nicht!
Die C-Klasse mit Agility Control Fahrwerk ist einfach zu hart, die 17″ Felgen des Avantgarde Pakets tun Ihr übriges zum Abrollverhalten der C-Klasse. Auf guten Strassen mag das ja noch gehen, aber Querrillen oder Schlaglöcher bekommen die Passagiere zu deutlich zu spüren, das konnte der Vorgänger besser!
Vermutlich ist Mercedes damit auf der Suche nach junger Kundschaft, ich muss allerdings sagen, wenn ich einen Mercedes kaufe, dann erwarte ich ein bequemes Fahrverhalten! Die Lenkung hilft übrigens für das sportliche Gefühl auch nicht wirklich, bei ohne Geschwindigkeiten wirkt sie zu indirekt.
Zumindest die Verarbeitung im Innenraum ist sehr gut, da klappert oder knarrt nichts! Die Auswahl der Materialien ist allerdings nicht so gelungen, hier wird es hoffentlich bei einem zukünftigen Facelift etwas Nachbesserung geben. Eine große deutsche Autozeitung hat den Charme des Interieurs kürzlich mit einem Arztwartezimmer verglichen und liegt da nicht so ganz falsch!
Die Bedienung des neuen Comand Systems ist allerdings eingehend und einfach, man findet schnell was man sucht, die Zielführung des APS 50 Navigationssystems ist gut und zeigt das man nicht unbedingt die große Kartenlösung braucht. Das Informationsdisplay in der Mittelkonsole hingegen ist etwas klein geraten und bei Sonneneinstrahlung schlecht ablesbar, hier dürfte sich wieder das Geld für den großen Navibildschirm lohnen! Die verbaute Bluetooth Freisprechanlage kann hingegen nicht überzeugen, das iPhone wird zwar erkannt, das Adressbuch, im Gegensatz zum I-Drive im Coupé, nicht ausgelesen.
Insgesamt hat die C-Klasse aus meiner Sicht einen schwierigen Spagat zu erfüllen. Sie stellt den ersten richtigen „Mercedes“ im Portfolio dar, auch wenn A- und B-Klasse, sowie CLC die weniger betuchte Kundschaft ansprechen sollen. In dieser Eigenschaft muss sie sowohl neue Käufer aus dem Lager der dynamischen Audis und BMWs abwerben, gleichzeitig darf sie die traditionellen Mercedeskäufer nicht verprellen und beim Einstandspreis sind immerweniger Leute bereit den Preisaufschlag zu bezahlen. Die schlechten Nachrichten der Vergangengeit bzgl. Qualität bei Mercedes versucht man durch Garantiezusagen zu begegnen, die andere Hersteller bislang noch nicht abgeben.
So would you buy one, well… no. Jedenfalls kein Avantgarde Modell, dafür ist mir die C-Klasse dann doch zu unbequem, der Motor ist ok, jedoch kein Alleinstellungsmerkmal und der neuere Bruder GLK macht einen noch schickeren Eindruck, da gibt es den C220CDI serienmäßig mit Automatik, eine vermutlich gelungenere Kombi?
Weitere Bilder, auch in höherer Auflösung gibt es wie immer hier.
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